„Ach“, dachte ich mir beim letzten Beitrag vor fast einem Monat, „ich müsste das viel häufiger machen, also bloggen, am Besten ja regelmäßig“ und mit diesem guten Vorsatz machte ich mir Gedanken über die nächsten Themen. Darüber wiederum endete mein Urlaub und damit schwanden auch die guten Vorsätze. Heute morgen beim Frühstück (vermutlich kein Zufall, dass zumindest Wochenende ist und ich nicht arbeiten muss) scrollte ich durch Nachrichten und Benachrichtigungen und wusste, ich muss mal wieder etwas schreiben.
„Alte, nun komm mal zur Sache“? Ja, ist ja gut, geht ja schon los. Also: Seit heute gelte ich als vollständig geimpft. Gegen Corona, meine ich, gegen Tetanus und so bin ich es schon lange. Als ich Ende Mai meine erste Impfung bekam, war das noch richtig spannend. Der Impfstoff war knapp, die Wartelisten scheinbar endlos lang. Mein gefühlter Leidensdruck war dabei hoch: der Winter und der lange Lockdown hatten mir zugesetzt und zu dem Zeitpunkt war immer noch praktisch alles zu. Ich fühlte mich wahlweise ein- oder vom Leben ausgesperrt, von der Politik vergessen (nicht alt, nicht krank, nicht systemrelevant und gerade kam die Diskussion um vorgezogene Impfungen für Kinder und Jugendliche auf). Mein Hausarzt impft nicht und das Impfzentrum wies mich schon vor der Registrierung ab. Mit einem Freund habe ich um eine Kiste Wein gewettet, dass ich bis zur Bundestagswahl noch nicht geimpft bin. Dabei fällt mir ein, die Wettschuld ist noch offen, die muss ich definitiv noch begleichen (keine Sorge H., die Kiste Wein ist Dein)! Durch Suche und Recherche im Internet habe ich dann eine Ärztin gefunden, die AstraZeneca auch an nicht-eigene Patient*innen verimpfte und mich geimpft hat. Der zweite Impftermin läge noch in der Zukunft, wenn nicht vor zwei Wochen die Impfempfehlung geändert worden wäre: Kreuzimpfung für alle, die die erste Dosis Astra bekommen haben. Durch einen Zufall und Glück bekam ich direkt am nächsten Tag von einem Betriebsarzt mit einem Überschuss an Impfdosen meine zweite Dosis, diesmal Biontech. Ein paar Impfnebenwirkungen gab es dazu: eine Nacht mit Fieber und Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen und zu viel Matsch im Kopf, um daran zu denken, dass ich eine Ibu nehmen könnte sowie der Folgetag mit gefühltem „Hangover“. Das war unangenehm, aber es ging (sogar recht zügig) vorbei und ab heute bin ich auch offiziell voll geimpft. Vielleicht sollte ich mir darauf erstmal einen Sekt aufmachen.
Praktisch zeitgleich mit meiner zweiten Impfung ging es übrigens los: die Infektionszahlen gingen wieder rauf und meine eigenen diesbezüglichen Sorgen werden befeuert von der Presse, die Stimmen veröffentlicht, die exponentiellen Anstieg und wieder überlaufende Intensivstationen spätestens im Oktober prophezeien. Himmel, ich weiß nicht, wie ich noch so einen Winter ertragen soll, gerade macht mich schon die Vorstellung fertig. Dabei geht es mir ja vergleichsweise gut in meiner Situation, für so viele andere war und ist es so viel härter. Ob es mir dabei am Ende hilft, dass ich geimpft bin? Ich weiß es nicht. Also natürlich schon, weil meine Chancen auf einen schweren Verlauf gering sein dürften. Das hilft aber erstmal nur mir und es hilft nicht gegen Lockdown und „Lagerkoller“. Das Einzige, was dagegen hilft, ist, wenn (möglichst) alle geimpft werden, zumindest aber so viele, wie irgend möglich. Organisatorisch ist das jetzt kein Problem mehr. Es ist ausreichend Impfstoff da, auch abseits vom (meiner Meinung nach zu Unrecht ungeliebten) Stiefkind AstraZeneca. Impfzentren, Ärzte, Betriebsärzte, alle können kurzfristig Impftermine anbieten und immer mehr Impfaktionen werden direkt vor die Haustüren oder auch die Clubs und Stadien gebracht. Trotzdem lässt gerade jetzt das Tempo nach. Nicht ganz unverständlich, die Urlaubszeit ist da, das Verschieben von Impfterminen ist schwierig und die noch niedrigen Zahlen suggerieren eine gewissen Sicherheit. Dabei hat inzwischen „Delta“ die Führung übernommen und die Zeichen für die weitere Entwicklung sehen nicht gut aus.
Bisher habe ich mir in die Kamera gehaltene, frisch bepflasterte Impfarme eher zweifelnd angeschaut. Jetzt denke ich dagegen „ganz egal, alles, was hilft, damit noch jemand, der bisher zweifelt, sich zum Impfen entschließt, ist wichtig“. Ob dieser Artikel das tut, weiß ich nicht. Aber ich will auch nicht die Gelegenheit verstreichen lassen. Ich bin übrigens ein Kind der 70er, ich hab damals noch die Pockenimpfung bekommen. Eine Impfung mit echt fiesen Nebenwirkungen übrigens, aber trotzdem so wichtig. Die Pocken gelten inzwischen als ausgerottet. Die Demokratie hat da sogar die Impfpflicht überlebt, vermutlich sogar deutlich besser, als wenn wir uns immer noch Gedanken über eine mögliche Infektion mit Pocken machen müssten. Auch gegen Tetanus, Diphterie, Keuchhusten und Polio bin ich geimpft. Ich bin keine Medizinerin, aber soviel ist mir klar: die Chance auf die oft beschworenen Langzeit-Nebenwirkungen ist sehr gering, der Nutzen der Impfung dagegen kann wahrscheinlich gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Der langen Rede kurzer Sinn: wenn Du noch nicht geimpft bist: Tu es jetzt! Für Dich, für mich, für uns alle. Bitte. Danke!