Ich bin ein wirklich kommunikativer Mensch. Tatsächlich bin ich sogar so kommunikativ, dass ich nach einem Arbeitstag, an dem ich ständig mit Kunden gesprochen habe, Euch noch meine Geschichten erzähle.
Ich habe inzwischen auch gute Multitasking-Fähigkeiten entwickelt. Die Erwartung der meisten Kunden scheint ungefähr so auszusehen: sie kommen zu mir, trinken einen leckeren Kaffee, nehmen ein wohltuendes Fußbad und unterhalten sich nett mit mir. Auf wundersame Weise sind nach diesem Kaffeekränzchen auch die Füße frisch und gepflegt, die Nägel gekürzt, die Hornhaut entfernt, eventuell sogar noch ein paar Problemstellen an den Füßen beseitigt. Eigentlich ist dann nur noch die Frage, warum man für so ein Kaffeepläuschchen auch noch Geld bezahlen muss?
Smalltalk und gleichzeitig konzentrierte Arbeit bekomme ich also gut hin und finde das meistens auch angenehm, ist ja Kommunikation und so. Meistens ist es auch ganz einfach, die Kunden möchten ja sprechen. Sie erzählen von ihrer Familie, ihrer Gesundheit, manchmal auch von Problemen, sonst vom letzten Urlaub, der bevorstehenden oder gerade stattgefundenen Familienfeier oder auch Klatsch und Tratsch aus dem Ort. Ich lebe und arbeite in einem ziemlich kleinen Ort, da weiß man zwangsläufig viel über die anderen Menschen, die dort leben.
Bei Klatsch halte ich mich so gut es geht raus. Als Tratschtante bekannt zu sein, macht selten ein gutes Bild und erhöht das Vertrauen der Kunden nicht. Also höre ich mir alles an, wenn ich selbst nach Neuigkeiten aus dem Ort gefragt werde, halte ich mich aber an allgemein bekannte Dinge: die gerade gelaufene große Beerdigung auf dem Friedhof, der Unfall auf der Autobahn, durch den es zu Stau im Ort kam – unverfängliche Themen. Trotzdem oder gerade deshalb: ich höre und erfahre extrem viel: Trennungen und Scheidungen, der trauernde Witwer, der mit dem Alltag so gar nicht klar kommt und damit seine Nachbarn überfordert, eine Serie von Bauchspeicheldrüsenkrebs-Fällen, betrogene Ehefrauen und weggelaufene Ehemänner, all diese Themen landen eher früher als später bei mir. Die Herausforderung liegt darin, sich zum entscheidenden Zeitpunkt auf ein „ja, ich kenne sie, sie ist so ein sympathischer, lebensfroher Mensch, das hätte ich ja nie vermutet“ zu beschränken.
Abgesehen davon: wenn sich ein Kunde eine Zeitschrift nimmt und lieber in Ruhe liest oder ein Schläfchen macht, finde ich das zur Abwechslung auch sehr angenehm und schreibe in der Zeit in Gedanken schon mal den nächsten Blogbeitrag 😉