Völlig unpolitische Füße

„Das nehme ich Ihnen wirklich übel!“ sagte mein Kunde und meinte damit nicht, dass ich ihm den halben Zeh abgeschnitten oder die Füße mitsamt Socken in das Fußbad gesteckt hätte – soweit waren wir nämlich noch gar nicht. Anlass war vielmehr ein bereits mehrere Wochen alter Zeitungsartikel mit Bild über die Gründung eines Piraten-Stammtisches – und auf dem Bild war auch ich als Besucherin des Stammtischs zu sehen. Übel nimmt er mir also meine politische Gesinnung, mein Engagement für die „falsche“ Partei.

Ich muss zugeben, erstmal war ich sprachlos. Danach fiel mir immerhin ein, dass ich darauf hinweisen sollte, dass die Parteiarbeit nichts, rein gar nichts, mit meinem Geschäft zu tun hat. Soweit konnte mir der Kunde dann auch zustimmen, war aber trotzdem immer noch ungehalten und meinte, immerhin wäre ich damit ja nun an die Öffentlichkeit getreten. Was soll ich sagen: ja, politisches Engagement findet selten so ganz im Geheimen und im Verborgenen statt, soll es auch nicht.

Ja, mir war klar, dass die Leute das lesen würden. Ich habe auch damit gerechnet, dass man mich anspricht. Eine ebenfalls selbständige Freundin meinte, das wäre der Grund, warum sie sich niemals öffentlich politisch engagieren würde. Für mich kommt das wiederum nicht in Frage.

Ich erbringe eine Dienstleistung, noch dazu eine, die nicht besonders hoch eingeschätzt wird. Dabei ist Fußpflege kein Gewerbe zum reich werden, da will und werde ich mich nicht darin beeinflussen lassen, welche Partei ich in welcher Form unterstütze.

Wer zu mir kommt, möchte sich verwöhnen lassen oder meine Hilfe bei Fußproblemen, manchmal auch eine Haarentfernung oder eine Maniküre. All das gibt es bei mir, dazu einen Kaffee und gerne etwas Smalltalk über Urlaub, Haushalt, Weihnachtsmärkte. Die Politik gibt es für mich nach Feierabend, und ausschließlich dann.

 

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