Die Süddeutsche vergleicht heute Parteivorsitzende mit Erziehern und kommt dabei zu keinem guten Ergebnis. Mit Recht, wie ich finde, nur leider mit der falschen Begründung.
Mutti von der Leyen möchte Hartz4-Empfänger zu Erziehern weiterbilden, um damit auf die Schnelle die Lücke in der Kinderbetreuung stopfen zu können. Die Süddeutsche vergleicht das mit der Kandidatur von Herrn Horn für den Parteivorsitz der Linken und stellt fest: Neigung reicht nicht aus für einen Parteivorsitzenden, die Eignung spielt die Hauptrolle. Genau da setzt die Süddeutsche auch bei den zu Erziehern umfunktionierten Hartz4-Empfängern an: keine entsprechende Ausbildung, also auch keine Eignung, das spricht für eine schlechte Wertschätzung sozialer Berufe, da die offenbar jeder so nebenher machen kann. In diesem Punkt stimme ich der Süddeutschen zu, die Wertschätzung für soziale Berufe ist einfach grottenschlecht und das ist wirklich ein Skandal.
Bei der Begründung bin ich jedoch nicht mehr bei der Süddeutschen, das Problem sehe ich an einer ganz anderen Stelle: es sind die Neigungen, die auch die Befähigungen eines Menschen in besonderem Maße ausmachen. Nur wenn wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich gemäß Ihren Neigungen zu verwirklichen, nehmen wir sie als Menschen ernst.
Wenn wir jetzt Menschen allein aufgrund der Tatsache, dass Sie keiner anderweitigen Berufstätigkeit nachgehen, in die sozialen Berufe drängen, als was sehen wir sie dann? Das ist an so vielen Stellen falsch, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Zunächst einmal wollen wir Menschen, die sich durch nichts außer der Tatsache, dass sie irgendwie „verfügbar“ sind dafür qualifiziert haben, die Betreuung unserer Kinder anvertrauen. Ich habe ja das Gefühl, dass bei jedem Babysitter mehr Sorgfalt bei der Auswahl walten würde.
Dann werten wir die sozialen Berufe weiter ab, denn letztlich geht es ja um schnelle Arbeitskräfte, nicht darum, sorgfältig ausgebildete Fachkräfte in ordentliche und entsprechend bezahlte Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Auf der Basis von 1-Euro-Jobs sollen billige Arbeitskräfte rekrutiert werden, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie sich staatlich verordnet kaum dagegen wehren können.
Das Wichtigste ist aber: es ist absolut menschenverachtend, Menschen völlig unabhängig von ihren Neigungen und Fähigkeiten in Jobs zu zwängen, nur weil da gerade (billige) Arbeitskräfte gebraucht werden. Jeder dieser potentiellen Aushilfserzieher bringt besondere Talente mit. Würden wir ihm helfen, diese auszubauen und sich damit zu verwirklichen, könnte er herausragende Leistungen auf genau seinem Gebiet bringen. Mit der angestrebten Vorgehensweise würden wir riskieren, das sehr viele Menschen, die Ihre Neigung auf einem ganz anderen Gebiet sehen, völlig gegen ihre individuelle Befähigung arbeiten müssen und dabei naturgemäß vergleichsweise schlechte Leistungen erzielen werden. So stellen Menschen nur „Material“ dar, keine Individuen, das ist mehr als traurig.
Davon, dass wir Menschen und ihre Bedürfnisse und ihre Fähigkeiten wirklich Ernst nehmen, sind wir leider noch weit entfernt. Das zeigt auch dieser Artikel der Süddeutschen Zeitung.