Zehn Jahre ist es jetzt her, dass wir uns ein Sozialsystem gegeben haben, in dem für Menschlichkeit wenig Raum bleibt. Mit „Hartz4“ entstand ein System aus Zwangsmaßnahmen und Sanktionen, das dafür sogen sollte, die Arbeitslosenzahlen zu verbessern. Gebracht hat es vor Allem eine optische Korrektur: durch eine massive Förderung des Niedriglohnsektors und der Zeitarbeit und dem Zwang für arbeitsuchende Menschen, jeden Job anzunehmen, sei er auch noch so schlecht bezahlt und entspricht er auch noch so wenig seinen Neigungen, sehen die Arbeitslosenzahlen jetzt zunächst besser aus. Wir bezahlen für diese rosarote Arbeitsmarktbrille jedoch mit einer massiven Anzahl von prekären Beschäftigungsverhältnissen und einer neuen Form Armut. Sie bedeutet, dass nicht nur sehr wenig Geld zum Leben da ist, sondern auch die Möglichkeiten diesem System zu entkommen eingeschränkt wurden. Die persönliche Freiheit wird massiv beschnitten, Grundrechte eingeschränkt. Wer auf Leistungen dieses Sozialsystems angewiesen ist, begibt sich in eine umfassende Abhängigkeit. Dabei
Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer der Piraten, musste selbst phasenweise sein Einkommen mit Arbeitslosengeld II aufstocken. Dann hat er seine Abhängigkeit von der Agentur für Arbeit aufgekündigt und finanziert sich selbst mit der Sicherheit, dass ihm (Partei-)freunde helfen werden, wenn er sich nicht selbst finanzieren kann. Das ist verständlich, denn das System Hartz4 hat ihm auch seine Möglichkeiten der politischen Teilhabe durch ehrenamtliches Engagement in der Piratenpartei massiv erschwert. Ich finde es trotzdem bedauerlich, ich hätte es bevorzugt, wenn er seine Position genutzt hätte, um aus der täglichen Erfahrung damit dieses System und seine Fehler zu bekämpfen. Ich stecke aber nicht in seiner Haut und nicht in seinen Schuhen: Es war und ist seine Entscheidung, die ich absolut respektiere. Niemand hat ihm vorzuschreiben, wie er sein Leben führt. Was er vielleicht nicht bedacht hat ist, wie sehr die darauf folgende Diskussion sich auf ihn als Menschen, als Individuum konzentrieren würde. Da steht nicht nur seine Vorgehensweise in der Kritik, er selbst als Person ist es. Das ist schade, denn eigentlich können gerade wir Piraten das als große Chance nutzen:
Mit diesem Schritt und mit seiner Vorgehensweise sind das System Hartz4 und seine Konsequenzen in den Fokus gerückt. Die kritischen Stimmen werden lauter, gerade jetzt zum zehnten Jahrestag der Sozialreformen. Es ist ein guter Zeitpunkt für die Piraten, um nicht nur die Schwächen des Systems aufzuzeigen, sondern konkrete Forderungen für ein neue, menschliche Sozialordnung zu stellen. Angefangen mit dem Mindestlohn und der Streichung der Hartz4-Sanktionen bis zum bedingungslosen Grundeinkommen, genau jetzt ist die Thematik präsent wie selten. Ich würde gerne wegkommen vom Gesicht des Johannes Ponader, hin zur politischen Thematik, wie sie der Piraten würdig ist. Wir haben die Chance hier einen neuen Weg aufzuzeigen, weg von Zwang und Druck, hin zum Einräumen von Möglichkeiten, zu persönlicher Freiheit. Die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen hin zu einem BGE sind so vielfältig und umfassend, eine Chance wie diese, Veränderungen im Sozialsystem zu diskutieren sollten wir uns nicht entgehen lassen!