Demnächst ziehe ich um. Ab Anfang Mai werde ich nicht mehr nur wenige Minuten Fußweg von meinem Geschäft entfernt wohnen, sondern etwa 30 km entfernt in der nächsten Großstadt. Das ist ein guter Grund darüber nachzudenken, wie ich diese Entfernung zurück legen werde.
Auto oder ÖPNV?
Mit dem Auto bin ich schneller und flexibler, als mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich kann zur von mir gewählten Zeit fahren und muss mich nicht über Verspätungen der Bahn ärgern oder über überfüllte Züge. Dafür stehe ich vielleicht im Stau und ich muss auch mit den Kosten rechnen: für eine Person alleine ist Autofahren ganz schön teuer!
Als ich den Führerschein gemacht habe…
Das war 1990, ich war 18 Jahre alt (ist das lang her…). Damals kostete das Benzin 1,42 pro Liter. DM versteht sich! Das sind umgerechnet etwa 0,70 €. Gestern war mein Tank mal wieder leer, das Benzin kostete mich 1,59 € pro Liter, mehr als das doppelte. Auch vor meiner aktiven Autofahrer-Karriere sah es nicht wesentlich besser aus: insgesamt sind die Preise seit den 50er Jahren nur gestiegen, seit den 90er Jahren sogar ganz massiv. 1950 kostete das Benzin umgerechnet 0,28 € je Liter. 1972, im Jahr meiner Geburt kostete Benzin etwa 0,40 €.
Preise gehen stetig aufwärts – warum?
Schon der heutige Steueranteil ist höher, als „damals“, in meiner Kindheit, der komplette Benzinpreis. Seit 2003 zahlen wir für jeden Liter Benzin gleichbleibend rund 0,65 € Steuern. Dieser Anteil ist konstant, ändert sich also nicht mit Benzinpreisänderungen. Trotzdem gehen die Preise immer weiter rauf. Das kommt zum Teil daher, dass Öl ein knappes Gut ist. Die Vorräte gehen langsam aber sicher zur Neige, je seltener Öl ist, desto wertvoller wird es. Die Konzerne verstehen das auch auszunutzen und verknappen das verfügbare Öl zusätzlich. Zum Anderen liegt es auch daran, dass gerade hier bei uns das Auto „der Deutschen liebstes Kind“ ist. „Kostet das Benzin auch 3 Mark und 10, scheissegal, es wird schon gehen“ sang Rio Reiser. Bei den 3 Mark und 10 sind wir jetzt in etwa – und tatsächlich, es geht, weil wir nicht auf das Auto verzichten wollen, egal, wie teuer es uns kommt.
Und wie geht es weiter?
Benzin wird nicht billiger. Wir können fest davon ausgehen, dass das auch in Zukunft so sein wird. Die Schlagzeile „Benzinpreis erreicht neues Rekordhoch“ hat sich inzwischen abgenutzt, sie wiederholt sich allzu regelmäßig. Die Ölreserven werden immer weniger, Kraftstoffe aus Rapsöl und ähnlichen biologisch anbaubaren Rohstoffen setzen sich nicht flächendeckend durch. Auch die Alternative „Elektroauto“ ist kein so durchschlagender Erfolg, wie erhofft. Wie weit der Benzinpreis noch steigt, liegt auch an uns, denn auch hier hängt die Preisentwicklung von Angebot und Nachfrage ab. Neben der Frage, wie lange wir uns das eigene Auto noch leisten können, sollten wir auch überlegen, wie lange wir uns diese Entwicklung noch leisten wollen. Der Benzinpreis wird hoch gehen, solange wir zulassen, dass er das tut. Nur wenn ausreichend Menschen auf das Auto ganz oder teilweise verzichten, haben wir eine Chance, diese Entwicklung zu stoppen.
Die Alternativen
Ich bin da nicht allzu optimistisch: Wir hängen an unseren Autos. Wer darauf verzichtet, gibt ein gutes Stück persönliche Bequemlichkeit ab. Für diesen Komfort sind wir offensichtlich bereit einen hohen Preis zu zahlen, das zeigt die Entwicklung der letzten Jahre. Die Utopien von Hoverboards und fliegenden Autos mit ungeklärter Kraftstoffquelle, wie sie „zurück in die Zukunft“ für dieses Jahr vorhersah, haben sich nicht erfüllt, wer individuell und bequem unterwegs sein will, fährt nach wie vor Auto. Umdenken ist da schwierig. Ein Ansatz dazu ist übrigens der fahrscheinlose öffentliche Personennahverkehr, wie die Piraten ihn fordern. Wenn wir mit dem Auto fahren, sollten wir uns bewusst sein, dass wir mit jedem Kilometer auch zukünftige Preiserhöhungen rechtfertigen und festschreiben. Es liegt an uns – mal wieder. Lobbyinteressen, Monopolisten, all das, was wir für die Benzinpreisentwicklung verantwortlich machen, funktioniert nur so lange, wie wir mitspielen.